auf Biegen und Brechen bildlich
(Differenzierbarkeit und Stetigkeit)
Mathematik lässt sich - worüber gar nicht genug gestaunt werden kann! - auch auf die "Außenwelt" anwenden. Viel interessanter und für den Mathematikunterricht wichtiger (wenn auch ein wenig vampirhaft) scheint es mir aber, die "Außenwelt" zur Veranschaulichung von Innermathematischen zu "benutzen" (vgl. "Anschauung statt Anwendung").
Zentrale Kriterien bei der Behandlung von sind "Differenzierbarkeit" und "Stetigkeit". Die MathematikerInnen liebens halt (auch der einfachen Rechenbarkeit wegen) ästhetisch geschwungen, d.h.
und ohne Absetzen des Stifts zeichenbar (stetig).
Wenn man ein intuitives Verständnis für (bestimmte) Funktionen schaffen will
(immerhin diejenigen, die [leider?] 99 % der Schulmathematik ausmachen),
muss man den SchülerInneN derart ästhetisch kommen
Am zweitbesten ist es, sie erfahren mathematische Sachverhalte als eine "dramatische" Geschichte, also als Simulation von Tätigkeit. Also "erzähle" ich hier mal solch eine Geschichte:
jemand BIEGT eine Plastikschiene, wobei sich erst eine schön geschwungene Kurve ergibt
(womit die Frage interessant wäre: welche?);
irgendwann (bei spürbar [!] erhöhtem Widerstand) KNICKT die Schiene:
zwar ist danach erst mal Erleichterung spürbar (!),
aber das Knicken ist irreparabel ("the point auf no return"): man bekommt den Knick auch durch zurückbiegen nicht mehr heraus:
(genau diese Dramatik des "Undifferenzierbar-Werdens" muss erlebt werden!);
wenn unser Jemand dann noch weiter biegt, BRICHT die Schiene irgendwann endgültig entzwei ("Unstetigkeit").
Durch solches den Prozess des Biegens kommt also eine Hierarchie in die Begriffe:
anfangs liegt Differenzierbarkeit und Stetigkeit vor,
im nächsten Schritt tritt Undifferenzierbarkeit ein
und dann erst Unstetigkeit.
Am besten ist es aber, SchülerInnen tun es selbst: man gebe ihnen
(ohne jegliche mathematische Vorarbeit, also ohne Funktionen oder gar schon Differenzierbarkeit und Stetigkeit zu erwähnen)
Plastikschienen in die Hand und lasse sie damit hantieren
("ihr dürft damit alles machen - außer den Nachbarn verprügeln"):
sie werden die Schienen schon von selbst biegen und dabei bemerken, dass irgendwann der "point of no return" (Knick) und dann der Bruch erfolgt.
Selbstverständlich ist das Tun besser als jede Fotofolge oder Computeranimation
(weshalb ich mir oben auch Fotos oder gar ein neckisches Filmchen verkniffen habe: manchmal ist es ja nur noch irrwitzig, mit welchem Aufwand da etwas virtuell umgesetzt wird, was "auf der Straße liegt"):
warum das Bild einer Kuh zeigen, wenn eine echte Kuh vor der Tür steht?!:
zwar hat man nicht immer Zeit, auf die Kuhweide zu gehen, ja manchmal ist sogar die Abstraktion aus der Erinnerung (und aus Assoziationen) angesagt,
aber an markanten "Knick[!]stellen" des Unterrichts (beispielsweise dann, wenn Kühe das Thema sind) muss gehandelt und darf kein virtuelles Surrogat verabreicht werden
(der Computer ist immer nur die zweitbeste Lösung, es sei denn, ein wichtiger Effekt ist nur mit ihm zeigbar).
Ich rede dabei nicht von New York (das es in Deutschland nicht gibt!), wo beim besten Willen keine Kuh aufzutreiben ist bzw. der Aufwand, eine "richtige" (statt einer lila) Kuh zu sehen, zu groß wäre; wo also die SchülerInnen - zwar ein Klischee, aber treffend - wohl meinen (müssen), die Milch komme aus einer Chemiefabrik
(ein sich krebsartig ausbreitender Effekt: "ich kenne das Leben, ich bin im Kino gewesen": Fehlfarben).
Was ist denn in meiner Erinnerung vor allem hängen geblieben?:
doch die Erlebnisse
(neudeutsch "Realerlebnisse" im Gegensatz zu sonstigen "Erlebnissen" mittels Computer)
vor Ort in einem Schulfach, das damals noch wunderschön "Heimatkunde" hieß
("whereever I lay my hat, thats my home" [Marvin Gaye]
"home is where yourre happy" [Willie Nelson]:
[man kann also auch in der "Heimat" bitter fremd, nämlich unglücklich und einsam sein]
"etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat" [Ernst Bloch])und später zum grauenhaften "Sachunterricht" entsinnlicht wurde;
eine Unterrichtsreihe im Fach Erkunde in der Oberstufe (wenn auch ausschließlich im Klassenzimmer) mit dem Titel "Von der Nordsee bis zum Mittelgebirge", u.a. mit der Frage "Warum laufen Wellen - egal bei welchem Wind und welcher Strömung - immer parallel zum Strand auf?" Ich weiß noch heute sehr anschaulich:
in A werden die Wellen langsamer, weil sie bereits näher am Strand sind und den Unterwasserboden schon berühren (sich an ihm reiben);
in B laufen die Wellen noch ungestört weiter, weil sie noch weiter vom Strand entfernt sind und den Unterwasserboden noch nicht berühren.
die Wellen in B überholen also die Wellen in A
(bis auch die Wellen in B den Unterwasserboden berühren und langsamer werden).
und ansonsten aber unendlich viel "Bildungsfaktenmüll" wie z.B. die Temperaturamplitude von Werchojansk (im Rekordjahr über 100 Grad)!: "Igitt, da möcht ich aba nich lebn müssen!"