Bücher des Monats 10/2007


 

Robert Huxley: Die Großen Naturforscher; von Aristoteles bis Darwin; Frederking & Thaler

(wobei hier unter "Naturforscher" verstanden wird, was man heute "Biologen" und "Geologen" nennen würde)

Ein in doppeltem Sinne bemerkenswertes Buch:

  1. , weil es endlich Hintergründe zu Naturforschern liefert, über die bislang (zumindest im deutschsprachigen Raum) kaum etwas zu erfahren war

(z.B. Alfred Russell Wallace).

  1. , weil es ein besonders schönes Buch ist - und das nicht als unnötige Dreingabe

(wegen der drucktechnischen Möglichkeiten heutzutage),

sondern mit gutem Grund:

wie der Titelbestandteil "Naturforscher"

(die es ja heute gar nicht mehr gibt; genauso wenig wie "Naturphilosophen" und )

andeutet, beschränkt sich Huxley (auch laut Vorwort) bewusst auf die Zeit, als Natur"wissenschaft" noch nicht vollprofessionell und hochspezialisiert war. Und damals sahen eben "Naturbücher" auch ganz anders - und schöner - aus als heute. Die vielen Bilder des Buches entstammen dementsprechend einfach nur alten Büchern.
 

Roald Hoffmann: Sein und Schein; Reflexionen über die Chemie; WILEY-VCH

Vorweg:

manchmal kaufe ich ja doch bei amazon oder ähnlichen Internet-Grossisten, aber das reicht natürlich nicht: ich brauche eine große Buchhandlung vor Ort, um überhaupt auf (ausliegende) Bücher aufmerksam zu werden.

Und oftmals recherchiere ich meine Buchwünsche bei amazon, drucke die Ergebnisse aus - und zeige den Ausdruck dann zwecks Kauf der Buchhändlerin in "meiner" Buchhandlung

(  : insbesondere nach der Vergrößerung ein Paradies!).

Als ich also "meiner" Buchhändlerin den Ausdruck zu zeigte, war sie sich gar nicht so sicher, ob das Buch überhaupt noch lieferbar sei, denn es sei - wie man am Cover erkennen könne - eine "uralte" WILEY-VCH-Ausgabe.

Da habe ich doch mal im Impressum nachgesehen: "uralt" bedeutet heutzutage "von 1995", also noch aus dem letzten Jahrtausend:


"Eigentlich" kenne ich Raoul Hoffmann aus einem ganz anderen Zusammenhang:

er hat mit einem anderen Chemie-Nobelpreisträger, nämlich Carl Djerassi, zusammen das Drama

geschrieben, und das ist doch im Deutschunterricht endlich mal eine

(durchaus literarisch "anspruchsvolle"!)

Alternative zu den ewig gleichen Wissenschaftsdramen und (gähn!).

Und zu "Oxygen" gibt´s außerdem einen schönen Begleitband vom Deutschen Museum in München:


Immerhin war ich durch natürlich doppelt aufmerksam, als ich erfuhr, dass Hoffmann mit auch ein Buch zu seinem eigentlichen Metier, nämlich der Chemie, geschrieben hat.


Nun ist die Chemie wohl jene Naturwissenschaft, von der ich am allerwenigsten Ahnung habe. Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich in meiner Schulzeit höchstens ein Jahr Chemie - und habe da rein gar nichts gelernt. Z.B. weiß ich bis heute nicht halbwegs genau, weshalb es "H20" lautet, also zwei H´s und ein O zusammen passen (oder umgekehrt?). Irgendwie hat das eine Element mehr Elektronen und damit Bindungsmöglichkeiten als das andere - oder?

Um so geeigneter schien mir ein Einführungsbuch eines offensichtlich "dual" gebildeten Chemie-Nobelpreisträgers, zumal die Buchreklame verspricht:

"Daß Chemie keineswegs die unattraktive Grundlagenwissenschaft ist, als die sie bisweilen dargestellt wird, vermittelt dieses Buch des Nobelpreisträgers Roald Hoffmann. Kurzweilig, ideenreich und tiefgründig beleuchtet er die vielen Facetten seiner Disziplin und zeigt ihre Schnittpunkte mit Kunst, Wirtschaft und Kultur auf.
Ausgezeichnet mit dem Literaturpreis 1997(des Fonds der Chemischen Industrie)"

Und das Versprechen wird tatsächlich eingehalten, wie an nur drei Beispielen gezeigt sei:

  1. Ein Wort an die deutschen Leser

    Das Buch, das vor Ihnen liegt und das Geist und Triebkräfte der Chemie zu erfassen versucht, wurde von einem Amerikaner geschrieben. Ist es Zufall, liebe Leser, daß Sie darin so viel Deutsches finden werden - sei es die Indigosynthese im 19. Jahrhundert, die furchtbare und doch lehrreiche Geschichte des Contergans, das qualvolle Ringen des Fritz Haber oder Ausschnitte aus einem Roman von Goethe, der auf einer chemischen Metapher fußt?

    Nein, das kann gar kein Zufall sein. Das Überschreiten von Grenzen liegt in der Natur von allem, was in Wissenschaft und Kultur wertvoll ist. Und in einer Geschichte, übervoll der Werke sowohl engelsgleicher Gestalter von Geist und Materie als auch teuflisch-verbrecherischer Wesen (einer durch und durch menschlichen Geschichte also), spielte Deutschland stets eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung der Chemie und anderer Juwelen des menschlichen Geistes.

    Auch meine Lebensgeschichte ist durch ein unzerstörbares Band an Deutschland geknüpft. Und diese Bindung war nicht einfach: Mein Leben begann mit einer Kindheit als Jude im polnischen Galizien und mit der Ermordung vieler meiner Angehörigen durch die Nazis und ihre Handlanger im Zweiten Weltkrieg.
    [...]

  2. "Chemie, Bildung und Demokratie"
    (Kapitelüberschrift)

  3. "Ich liebe diese Wissenschaft der Moleküle. Ich liebe ihren komplexen Reichtum und die zugrunde liegende Einfachheit. Mehr als alles andere liebe ich aber die lebenspendende Vielfalt und die allumfassende Verknüpfungskraft der Chemie."
    (Zitat)


Am interessantesten an dem Buch fand ich - nebenbei -

  .

Philip Ball: Brillante Denker, kühne Pioniere; Zehn bahnbrechende Entdeckungen; WILEY-VCH

Klappentext:

"Wählt die schönsten Experimente und Entdeckungen aus! Diese schwierige Aufgabe wurde tausenden von Chemikern gestellt. Wie soll man denn die unzähligen Versuche über die Jahrhunderte hinweg gerecht bewerten? Was versteht man überhaupt unter Schönheit in der Chemie? Liegt sie in der Klarheit und Einfachheit der Konzeption? Oder im Entwickeln notwendiger Instrumente und Apparaturen? Liegt sie etwa in den resultierenden Produkten, den eleganten Wegen oder gar in der Kühnheit der Interpretation der Ergebnisse?"

Und ein Buch über die Schönheit von mathematischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen kaufe und lese ich ja sowieso sofort!