der Kandidat hätte auch bei uns heute keine Chance

An der Universität Kopenhagen findet ein Physik-Examen statt. Der Kandidat soll folgende Aufgabe lösen: »Beschreiben Sie, wie man die Höhe eines Wolkenkratzers mithilfe eines Barometers feststellt.« Ohne zu überlegen antwortet der Kandidat: Man bindet ein langes Stück Schnur an das Barometer, steigt auf das Dach des Gebäudes und lässt das Barometer an der Schnur zu Boden. Die Länge der Schnur plus die Länge des Barometers ergibt die Höhe des Gebäudes.

Empört über die Antwort, die kein physikalisches Wissen erkennen lässt, erklären die Prüfer der Kandidaten für durchgefallen und schicken ihn hinaus.

Dieser eilt daraufhin in das Büro des Prüfungsvorsitzenden und beschwert sich, weil die Antwort doch zweifellos richtig gewesen sei. Der Beschwerde wird stattgegeben, der Vorstand fordert die Prüfer auf, dem Kandidaten die Frage sofort erneut vorzulegen. Nun antwortet der Prüfling wie folgt:

"Ich habe noch fünf weitere Lösungen:

  1. Sie steigen mit dem Barometer auf das Dach, lassen es herunter fallen und messen die Zeit, die es braucht, um den Boden zu erreichen. Die Höhe des Gebäudes kann mit der Formel H = 0,5g • t2 berechnet werden. Allerdings wäre das Barometer dann kaputt.

  2. Falls die Sonne scheint, können Sie die Länge des Barometers messen, es dann hochstellen und die Länge seines Schattens messen. Dann messen Sie die Länge des Schattens des Wolkenkratzers, anschließend brauchen Sie nur noch anhand der proportionalen Arithmetik die Höhe [Strahlensatz] des Wolkenkratzers zu berechnen.

  3. Oder, wenn der Wolkenkratzer eine außen angebrachte Feuertreppe besitzt, könn- ten Sie raufsteigen, die Höhe des Wolkenkratzers in Barometerlängen abhaken und oben zusammenzählen.

  4. Wenn Sie aber bloß eine langweilige und orthodoxe Lösung wünschen, dann können Sie natürlich das Barometer benutzen, um den Luftdruck auf dem Dach des Wolkenkratzers und auf dem Grund zu messen und den Unterschied bezüglich der Millibare umzuwandeln, um die Höhe des Gebäudes zu berechnen.

  5. Oder noch einfacher: Sie klopfen an die Tür des Hausmeisters und sagen: »Wenn Sie mir die Höhe des Wolkenkratzers nennen können, gebe ich Ihnen dafür dieses schöne Barometer.«"

Die Geschichte ist übrigens wahr und der Prüfling war der spätere Physik-Nobelpreisträger Niels Bohr (vgl. ).

(zitiert nach Deutscher Philologenverband, "Profil" 3/2003  )


Da ist wenig Häme über die Vergangenheit angebracht, und allein als historisch ferne Anekdote wäre diese Geschichte auch wohl kaum im "Profil" erschienen.

Meine These ist vielmehr:

genau so, wie der Großinquisitor in Dostojewskis "Idiot" Jesus auch jahrhunderte später (mit "gutem" Grund) nochmals kreuzigen lässt, würde der Kandidat Bohr auch heute durch Nach- und Abiturprüfungen fallen.

Auch und gerade

  • im Fach Mathematik und

  • bei Mitgliedern des "Philologen[???]verbandes"!

Das (u.a. Abiturgenehmigungs-)"System" und die erlauben solche Kandidaten wie Bohr nicht, geschweige dass sie sie fördern und erzeugen.