korrekt gegendert:
der Laie / die Laiin / das Lai*,
der Fachmann / die Fachfrau / das Fach*



Aus Anlass von "Da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich":
das Schönste / Liebenswerteste / Humorvollste / Anschaulichste
(und manchmal auch Tyrannischste)
an einer beliebigen Sprache sind neben den Lautmalereien ("ratzfatz")
die Sprichwörter und  Redewendungen
(mein Top-Favorit ist noch immer "mein lieber Herr Gesangsverein!")

Ich habe diesen Text erstmal unter eingeordnet, weil es in der Natur (anders als in der Mathematik, s.u.) häufig vorkommt, dass Laien und Fachleute staunen und sich wundern.

"Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?Was kann der Sigismund dafür, dass man ihn liebt?[..]Man soll doch froh sein, dass es so was Schönes gibt."

Ein Beispiel: ein Laie / Fachmann staunt / wundert sich über einen atemberaubenden Sonnenuntergang: .

Da deutet sich schon ein Unterschied zwischen Staunen und Sich-Wundern an:
  • der Laie staunt einfach "nur" über das Phänomen ;
  • der Fachmann staunt vielleicht auch, wundert sich jedoch zusätzlich. Womit sich die Frage stellt, wie dieses Sich-Wundern denn nun genau aussieht.
Eine Teilantwort wird durch das "sich" in "sich wundern" gegeben: der Fachmann bleibt nicht  (wie der Laie) passiv, sondern spielt aktiv mit: er wundert sich (!) = er fragt sich (!) was, nämlich z.B.: warum sieht der Sonnenuntergang so aus?

(Eine andere interessante, hier aber nicht weiter verfolgte und vielleicht auch gar nicht beantwortbare Frage wäre:
      • warum hat der Sonnenuntergang auf uns die altbekannte "romantische" Wirkung
      • und warum finden wir ihn schön?)

Vielleicht ist es also so:

  • im ersten, noch unwillkürlichen Schritt staunt man (der Laie ebenso wie der Fachmann),
  • in einem zweiten, absichtlichen Schritt wundert sich der Fachmann dann zusätzlich (der Laie aber nicht?).

Der hier vorliegende Text hätte genauso gut unter erscheinen können, obwohl  zumindest in den Augen vieler Laien in der angeblich rein logischen Mathematik kaum Raum für "Gefühle" ist, also für Staunen und Sich-Wundern.

Um so interessanter wäre es zu zeigen, dass Staunen und Sich-Wundern sehr wohl auch in der Mathematik vorkommen.

Hier nur vier Beispiele:

  • wenn von schwierigen Anfangszahlen ausgehend am Ende doch etwas sehr Einfaches rauskommt
(Sich-Wundern würde da bedeuten, vom Staunen über das einfache Ergebnis ausgehend doch nochmal detailliert den Rechenweg nachzuvollziehen, um herauszufinden, warum am Ende etwas Einfaches herauskommen ist),
  • wenn die drei Winkelhalbierenden jedes beliebigen Dreiecks sich exakt in einem (einzigen) Punkt schneiden (haben die sich verabredet?),
  • wenn ein Beweis nach langen Umformungen urplötzlich zuschnappt (gelingt).,
  • wenn man fassungslos darüber ist, dass irgendein Genie einen komplizierten und dennoch eleganten Lösungsweg gefunden hat

("da wäre ich nie drauf gekommen"; und dennoch: "wie hätte ich vielleicht doch drauf kommen können?"; vgl. ).



"Ick sitze da un' esse Klops
uff eemal klopp’s
Ick kieke, staune, wundre mir,
uff eemal jeht se uff die Tür.
Nanu, denk ick, ick denk nanu
jetz isse uff, erst war se zu!
Ick jehe raus und kieke
und wer steht draußen? Icke!"
(Quelle:
;
"kieke, staune, wundre mir" scheint mir eine Steigerung zu sein)

„Einen anderen Anfang der Erkenntnis als das Staunen gibt es nicht.“
(Platon)

“Das Erstaunen ist der Beginn der Naturwissenschaft.”
(Aristoteles)

„Das Staunen ist die Saat, aus der Wissen wächst.“
(Christoph Lichtenberg)

"Philosophie beginnt im Staunen.
Und am Ende, wenn das philosophische Denken sein Bestes gegeben hat, bleibt das Wunder."
(Alfred North Whitehead)

Bleiben wir aber vorerst beim Anlass von , nämlich der Situation .

Die spontane Laien-Reaktion ist da wohl:

"irre, da ist ein riesiges Loch in der Straße, das randvoll mit Wasser ist, und mittendrin dümpelt ein Auto rum",

wobei das Staunen wohl daher rührt, dass die Situation so ungewöhnlich ist. Und das Wort "irre" signalisiert, dass die Situation (ein Auto badet) sogar "irgendwie" komisch ist.

Wenn hingegen eine Situation alltäglich ist, staunt und wundert sich darüber niemand (mehr)

(was sehr schade sein kann: für ein Problem, das nicht erkannt wird, wird wohl kaum eine Lösung gefunden werden. Deshalb lohnt sich oft auch ein Staunen / Sich-Wundern über die unscheinbarsten Dinge: man muss ihnen "nur" ihr Geheimnis zurückgeben; ein Beispiel: warum ist Schnee schneeweiß? Oder vgl. ).

Aber der Laie fragt sich (!) angeblich gar nicht in einem zweiten Schritt,

  • wie das Loch (urplötzlich) entstanden ist,
  • wo das viele Wasser hergekommen ist,
  • wie das Auto im Wasser gelandet ist,
  • ob da noch jemand (ein Toter) drin ist.

alles Fragen, die sich der Fachmann (z.B. ein späterer Gutachter) in einem zweiten Schritt sehr wohl stellt.

(Der Fachmann denkt da tatsächlich nach, nämlich im Nachhinein darüber, wie es zu der Situation gekommen sein mag, was also vermutlich vorher passiert ist.)

Man könnte auch sagen:

  • der Laie bleibt in Schockstarre  dabei stehen, was da passiert ist

(vgl. die Gaffer bei einem schweren Unfall, die ja nicht alle nur sensationsgeil und empathielos, sondern oftmals "gebannt" sind, da so ein Unfall ja auch ein "memento mori" ist, also bedeutet: "das hätte mir genauso passieren können"

[seien wir ehrlich: jeder schaut erstmal hin und ist versucht, das auch weiterhin zu tun, aber wer noch einen Funken Anstand im Leibe hat, wendet sich dann gezielt ab - solange er nicht selbst helfen kann];

ganz was Anderes sind Leute, die von schweren Unfällen auch noch Fotos und Videos machen und diese in die [a-]sozialen Netzwerke hochstellen: ; aber sogar diese Leute kann ich verstehen [ ≠ entschuldigen]: "endlich passiert mal was in meinem öden Leben"; vgl. ).

  • Der Fachmann hingegen löst sich später aus dieser Schockstarre und fragt sich (!), warum es passiert ist

("sich", weil er ja schwerlich die stumme Situation fragen kann).


Warum also könnte passiert sein?


Der Fachmann würde vermutlich eine "Bergsenkung" vermuten

(zumindest dann, wenn er in der betreffenden Gegend mal Bergbau betrieben worden ist):

"Eine Bergsenkung ist ein lokales Absinken der Erdoberfläche , das eine Folge des Bergbaus ist.  Vereinfacht kann das Absinken als ein Nachrutschen der oberen Erdschichten beschrieben werden, wenn sich nach dem Abbau die entstandenen Hohlräume schließen . [...]"
(Quelle: )

(wobei hier

[wie in den Wörtern "Bergbau" oder "Bergmann"]
  • mit "Berg" nicht eine große Erhebung gemeint ist [vgl. "Gebirge"],
  • sondern das Wort eine indirekte Herkunft hat:
"Bodenschätze wie Eisen, Kohle, Erdöl oder Salz liegen meist tief unter der Erde. Sie zu finden und heraufzuholen nennt man Bergbau. Das Wort[bestandteil "Berg"] kommt daher, dass man Metalle wie Gold und Silber früher vor allem in Gebirgen gefunden hat. Heute findet Bergbau aber auch im Flachland oder sogar auf dem Meer statt. [...]"
[Quelle: ])

Ungewöhnlich ist aber die Füllung mit Wasser, die

  • durch nachträglichen starken Regen
  • oder dadurch entstanden sein könnte, dass bei der Bergsenkung ein Wasserrohr gebrochen ist.

Denkbar wäre aber auch, dass

(insbesondere natürlich in einer Gegend, in der nie Bergbau betrieben wurde)

keine Bergsenkung vorliegt, sondern eine defekte Wasserleitung den Boden unterspült hat, wodurch irgendwann die Oberfläche eingestürzt ist wie z.B. hier:

.

Wichtig an diesen Erklärungen ist mir, dass

  • sie
(die Wucht einer Bergsenkung oder eines geborstenen Wasserohrs)

das Phänomen nur um so staunenswerter gemacht haben

  • und vermutlich sogar der Fachmann immer wieder aufs Neue über solch ein großes Loch staunt.

Es darf aber nicht vergessen werden, dass der Fahrer des untergetauchten Autos gestorben sein könnte - was die Frage nach dem "warum" anfangs fast obszön erscheinen lässt.


Viele Menschen (Laien, Schüler) haben nie gelernt

(oder nach der Kindheit gründlich verlernt oder [gerade in Schulen] ausgetrieben bekommen),

  • wie man sich wundert, also nach dem "warum" fragt,
  • dass das reizvoll ist
  • und keineswegs das Staunen zerstört, sondern manchmal sogar zu einer Kettenreaktion des Staunens führt.

Es gibt in der Tat Fachleute, die nach langjähriger Arbeit notgedrungen oder aus persönlicher Stumpfheit so abgebrüht sind, dass sie das Staunen und Sich-Wundern überspringen und z.B. einen Sonnenuntergang nur noch eiskalt sezieren.

(Wer aber das Staunen und Sich-Wundern verlernt hat, ist vielleicht eine gute Hilfskraft in der Wissenschaft, wird aber nie

[und sei's nur für sich selbst]

große Entdeckungen machen können.)

Dabei enthält das Wort "wundern" wie auch "wunderbar" doch das Wort "Wunder":

"Als Wunder gilt umgangssprachlich ein Ereignis, dessen Zustandekommen man sich nicht erklären kann, sodass es Verwunderung und Erstaunen auslöst. Es bezeichnet demnach allgemein etwas Erstaunliches und Außergewöhnliches.
Im engeren Sinn versteht man darunter ein Ereignis in Raum und Zeit, das menschlicher Vernunft und Erfahrung sowie den Gesetzmäßigkeiten von Natur und Geschichte scheinbar oder wirklich widerspricht. Die heutige Vorstellung von einem Wunder als „übernatürlich“ entstand erst in der Neuzeit; sie setzt Wissen um die Existenz von Naturgesetzen voraus."
(Quelle: )

Es ist ein gängiger Riesenirrtum, dass alle Fachleute längst abgebrüht sind. Sondern selbstverständlich können die meisten Fachleute oder zumindest die intelligenteren sehr wohl noch staunen und sich wundern, wenn etwas passiert, "das [zumindest auf den ersten Blick] menschlicher Vernunft und Erfahrung sowie den Gesetzmäßigkeiten von Natur und Geschichte scheinbar oder wirklich widerspricht".

Mehr noch: bei den wahrhaft großen Wissenschaftlern steht das Staunen und Sich-Wundern nicht nur am Anfang, sondern auch am Ende ihrer Forschung nach dem "warum", wenn sie also eine (partielle) Antwort gefunden haben: sie kommen aus dem Staunen und Sich-Wundern gar nicht mehr raus:

staunen → wundern → staunen → wundern → staunen → wundern ...

Das Staunen über oder einen Sonnenuntergang nutzt sich also nicht ab:

 
 
Neil DeGrasse Tyson
"Das objektiv Wahre und ehrlich Authentische - vor allem auf der Erde und im Himmel- besitzt tendenziell eine innere Schönheit, die von Zeit, Ort und Kultur abgekoppelt ist. Sonnenuntergänge bleiben faszinierend, obwohl wir jeden Tag einen davon geliefert bekommen. So schön sie auch sind, wissen wir zugleich alles über die thermonuklearen Energiequellen im Inneren der Sonne. Wir wissen Bescheid über den gewundenen Pfad ihrer Photonen, den sie zurücklegen müssen, wenn sie aus der Sonne emporsteigen. Wir wissen von ihrer zügigen Reise durchs All, bis sie durch die Erdatmosphäre abgelenkt und gebrochen werden, auf dem Weg zur Netzhaut unseres Auges. Dann verarbeitet das Gehirn die Information und »sieht« das Abbild eines Sonnenuntergangs. Diese zusätzlichen Fakten - diese wissenschaftlichen Wahrheiten - besitzen die Kraft, jede Bedeutung zu vertiefen, die wir der Schönheit der Natur ohnehin zuschreiben,"
asassdafasff df
Tom Stoppard
"Jetzt zu leben, heißt, in der schönsten aller Zeiten zu leben, weil fast alles, wovon wir gedacht haben, wir wüssten es, sich als falsch erweist."
  Richard Feynman "Atome mit Bewusstsein ...
  Materie mit Neugier.
  Steht am Meer ...
  wundert sich über das Wundern ..."

„Die Dichter behaupten, dass die Naturwissenschaften den Sternen ihre Schönheit nehmen und sie zu einer Ansammlung von Gas-Atomen machen. Auch ich kann die Sterne in der Nacht sehen und fühlen. Die Grenzenlosigkeit des Himmels weitet meine Phantasie. Und mein Auge kann am Firmament Licht wahrnehmen, das vor einer Million Jahre entstanden ist. Dem Geheimnis schadet es nicht, etwas mehr darüber zu wissen."
 
Brian Greene
"Nachdem ich Feynmans Beschreibung einer Rose gelesen hatte - in der er erläuterte, dass er den Duft und die Schönheit der Blume zu würdigen wisse wie jeder andere, dass aber seine physikalischen Kenntnisse dieses Erlebnis außerordentlich intensivierten, weil er auch das Wunder und die Herrlichkeit der zugrunde liegenden molekularen, atomaren und subatomaren Prozesse einbeziehen könne -, war ich den Naturwissenschaften auf immer verfallen."
 
Leo Szilard
"Viele Kinder sind mit einer wissenschaftlichen Neugierde geboren. Ich glaube, dass ich Wissenschaftler wurde, weil ich gewissermaßen ein Kind blieb."
  „Hinter jedem Rätsel, das gelöst wird, steht ein neues.“
  „[…] bringe ich den Zauber zurück in unsere Welt.“
  Albert Einstein „Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder.“
  Isaac Newton "[...] mir selbst erscheine ich nur wie ein Knabe, der am Meeresstrand spielte und sich damit vergnügte, da und dort einen glatteren Kiesel oder eine hübschere Muschel als gewöhnlich zu finden [...]"
(Isaac Newton)

"Unser Wissen ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ist ein Ozean."

(Isaac Newton)
 
Randolf Menzel
Ein chinesisches Sprichwort sagt: »Jedes Ding hat drei Seiten: eine, die ich sehe, eine, die du siehst, und eine, die wir beide nicht sehen.« Mit diesem Aperçu ist die Grundlage des Staunens, für mein Empfinden, sehr gut beschrieben. Im Wissen darum, dass alles Wissen immer noch einmal zu wenden ist und von einer anderen Seite aus betrachtet werden kann, gibt es für den Forscher keinen Stillstand, sondern nur die Abenteuer des Denkens und Experimentierens.“
 

Nick Eyles in


  Ausschnitt aus dem Film

Allerdings muss dem Staunen nicht immer die Frage nach dem "warum" folgen, ja, manchmal verbietet sich der zweite Schritt sogar. Man stelle sich vor, ein (im Hauptberuf) Fachmann "lauscht" mit einer lieben Freundin im Arm einem Sonnenuntergang und fängt plötzlich an, ihn der Freundin oberlehrerhaft zu erklären: er würde das Staunen und wohl auch die Zuneigung der Freundin zerstören.

In vielen heutigen Naturwissenschaftsmuseen und -fernsehsendungen werden den Menschen nur "geile" Effekte, aber keine Wege gezeigt, wie man sich die Effekte (selbst) erklären kann. Und überhaupt werden die Leute heutzutage allzu häufig mit den ewig gleichen Effekten abgespeist

(typisch amerikanischer gigantischer Aufwand für nix):

.

Sowas kommt in fast jedem action-Film oder jeder bombastischen Bühnenshow vor:


Unterricht ist am interessantesten und lehrreichsten, wenn

  • an seinem Anfang Staunen steht
  • und das Sich-Wundern bis zum Ende trägt
  • und in neues Staunen mündet ...
 



Wer immer und über alles staunen und sich wundern  würde, würde wie ein Autist von der Fülle der Eindrücke regelrecht erschlagen.

Deshalb:


Ich will jetzt einfach wissen (und es selbst herausfinden): .
einer Sache auf den Grund gehen = die genaue Ursache von etwas herausfinden

Nun ist Fausts Wunsch

"Dass ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält [...]"

in wohl allzu anmaßend und von Anfang an zum Scheitern verurteilt

(wie die physikalische "Theorie von allem"?).

Geht's nicht ein bisschen kleiner?, nämlich z.B.

"Dass ich erkenne, was
I
m Innersten zusammenhält [...]":


(und da kann man ja weitersuchen:

"Dass ich erkenne, was das 
Im Innersten zusammenhält [...]")


(Quelle: )