ist besser als zehn Mathestunden

Natürlich ist

(das längst nicht mehr benutzt wird und vermutlich schon lange verrottet ist)

 besser als zehn Mathestunden,

Und mit "besser als zehn Stunden Matheunterricht" meine ich natürlich nur den landesüblichen Gähn-Unterricht.

Ich werde den Teufel tun, hier nochmals ausführlich zu erklären, was ich unter einem besseren Matheunterricht verstehe. Nur soviel: ein besserer Matheunterricht

(mit einer ganz anderen Vorstellung davon, was Mathematik eigentlich ist)

beinhaltet ja sowieso sowas wie exemplarisch der Film .

Aber warum gerade zehn Stunden? Weil es natürlich nicht reicht, den 1 1/2 Stunden (also eine Doppel-Schulstunde) langen Film vorzuführen und danach wieder zum Standard-Matheunterricht (zur angeblich "richtigen" Mathematik) überzugehen.

(Es reicht nie, einfach einen Film vorzuführen, ohne ihn mit den Schülern "tiefer zu durchdringen", denn dann geht das allermeiste

[auch nicht oder falsch Verstandenes]

zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus

[oder setzt sich eventuell auch falsch Verstandenes fest].)

Eine "Durchdringung" des Films dauert aber (mindestens) zehn Schulstunden:

  1. um überhaupt die wichtigsten Filmdetails (korrekt) mitzubekommen,
  2. um aus dem Staunen ein Sich-Wundern zu machen

(vgl. ),

und das heißt u.a. sich die Frage   zu stellen:

(... und [wo] findet man Informationen darüber?)

Kann man entsprechende Versuche im Unterricht aufbauen und damit die Effekte halbwegs  machen?

(... mithilfe eines Physiklehrers, der als Stargast im Mathematikunterricht auftritt? Mit solchem Co-Teaching habe ich

[leider allzu selten]

beste Erfahrungen gemacht.)

Wenn man nur solche technisch-naturwissenschaftlichen Fragen stellt, ist es natürlich naheliegend, den Film nicht im Mathematik-, sondern im Physik-Unterricht zu behandeln.

(... und in der Tat wird die Mathematik im Film ja nur zweimal kurz erwähnt:

Und so delegiert der Mathematiklehrer den Film an den Physiklehrer

(oder vertraut stillschweigend darauf, dass dieser "sowas" durchnehmen wird),

und der zeigt den Film natürlich auch nicht

(denn seit wann interessieren sich Physiklehrer dafür, in welchem kulturhistorischen Umfeld ihr Fach entstanden ist und gewirkt hat?!).

Und der Geschichtslehrer zeigt den Film natürlich auch nicht, denn was hat ein Tiefseekabel mit der (meistens politischen oder Sozial-)Geschichte zu tun?

Also zeigt niemand den Film, bleiben alle Fächer hübsch bei ihren Leisten, wurschteln alle brav aneinander vorbei - und wird die Welt massenhaft auseinanderanalysiert, aber nie ansatzweise wieder zusammengesetzt.

Die klassische Illustration dazu, nämlich , ist im Hinblick auf die Schulfächer (Einzel-Wissenschaften) schlichtweg falsch: z.B. wird der Wissenschaftler (Physiker, Mathematiker ...?) natürlich

  • nicht etwas eindeutig Falsches, nämlich eine Wand , diagnostizieren,
  • sondern durchaus korrekt eine gerunzelte, lederartige und dennoch weiche Oberfläche .

Aber damit hat er dennoch noch lange nicht den ganzen Elefanten verstanden oder auch nur bemerkt, dass überhaupt Teil eines Elefanten ist.

 

: wenn niemand es macht, muss ich (der Mathelehrer) es wohl mal wieder selber machen.


Der eigentliche Clou des Film ist aber, dass er das zeigt, was üblicherweise weder im Geschichts- noch im naturwissenschaftlichen Unterricht vorkommt, nämlich

in welchem kulturhistorischen Umfeld Naturwissenschaften und Technik
(hier das Transatlantikkabel) entstanden sind und gewirkt haben (s.o.).

und bis heute weiterwirken.

Erst daraus entsteht auch für heutige Menschen (Schüler) die Spannung in diesem Film, der wie ein Märchen oder eine Komödie gebaut ist:

Und in der Tat findet die (scheinbare) Katastrophe exakt in der Mitte des Films statt.

Wie es sich für eine spannende Geschichte gehört, hat der Film auch einen Helden, nämlich den visionären Projekt-Initiator Cyrus Field, der trotz aller Rückschläge nie aufgegeben hat

(was allerdings fehlt, ist der Schurke, bzw. der taucht nur in Form der technischen Schwierigkeiten auf).

Damit aber zum kulturellen und historischen Umfeld der Verlegung des ersten Tiefseekabels:

  

  1. war das Tiefseekabel natürlich erst im Zeitalter der Industriellen Revolution und der Fortschritte im Bereich der Elektrotechnik möglich;
  2.  ist das Thema "Industrielle Revolution[en]" immer auch mit sozialen Fragen verbunden;
  3. war das Tiefseekabel ein Vorläufer des Internets - und laufen bis heute fast alle Internetverbindungen über Tiefseekabel:

  1. musste zur Finanzierung des Kabels bereits ein Finanzierungssystem (Börsen, Aktien ...) vorhanden sein;
  2. waren "Investoren" natürlich erst dann zur Finanzierung des Tiefseekabels bereit, wenn es Rendite abzuwerfen versprach, d.h. ein zunehmendes interkontinentales Kommunikationsbedürfnis bereits vorhanden war (Nachfrage) oder initiiert werden konnte (Angebot);
  3. war das 19. Jahrhundert durch enormen Fortschrittsoptimismus geprägt

(bis hin zum Versprechen des ewigen Weltfriedens durch Völkerkommunikation),

  1. hatte das Tiefseekabel (wie der Film deutlich machte) viele nicht-technische, nämlich z.B. auch philosophische und religiöse Implikationen.

...

Der Film ist also ein Musterbeispiel für schülernahe, im üblichen Unterricht aber kaum vorkommende Interdisziplinarität


PS:
  1. : für den Unterricht würde ich den Film am Ende kürzen, da da nur nochmal betont wird, welche Hoffnungen damals mit dem Tiefseekabel verbunden waren und wie wichtig das Thema damals war und bis heute ist. Zudem endet mir der Film (nach vorher durchaus vorhandenen kritischen Differenzierungen) doch arg feierlich.
  2. : für zusätzliche (Hintergrund-)Informationen ist das Buch von Tom Standage empfehlenswert, der auch in dem Film auftritt.
  3. eine nette kleine Alternative: (Ausschnitte aus , 2. Teil)