die Klasse zerlegen

"Binnendifferenzierung" ist das Zauberwort, und noch besser ist es natürlich, jedem Schüler und jeder Schülerin INDIVIDUELL gerecht zu werden (schön wär´s).

Nur:

(Wenn deutsche SchülerInnen sich im Rahmen von Pisa beschwert haben, die LehrerInnen interessierten sich nicht für ihre individuellen Leistungen und Fortschritte [geschweige denn für ihre Persönlichkeit], so mag das ja zutreffen, ist es aber auch selbst beim besten Willen der LehrerInnen nicht zu ändern: die Klassen und der Stoffdruck sind einfach zu groß!)


Und doch gibt es kleine, praktikable Ansätze zur Binnendifferenzierung:

vgl. auch "selbstgewählte Schwierigkeitsniveaus"

Folgende "Methode" (?) ist beispielsweise in einer Übungsphase einsetzbar:

  1. Es wird eine Probeaufgabe gestellt, die eine Erweiterung des bereits Gelernten ist.

  2. Die SchülerInnen werden gebeten, anhand dieser Probeaufgabe selbst ihre Fähigkeiten einzuschätzen: können sie die Aufgabe selbstständig lösen - oder nicht?

(Nebenbei: in einem Hamburger Arbeitslosenprojekt hat sich mal gezeigt, dass Arbeitslose sehr realistisch ihre Fähigkeiten einschätzten - und viele Misserfolge dadurch zustande kamen, dass sie in falsche Berufe vermittelt wurden:

»Du bist auf dem falschen Weg. Wenn du so weitermachst, gibt es unweigerlich eine Katastrophe. Dein Platz ist hier, nicht dort!«

Genauso können auch SchülerInnen durchaus realistisch ihr Leistungsniveau einschätzen - und rühren viele Misserfolge ebenfalls daher, dass sie falsch eingeordnet [unter-/überfordert] werden bzw. [in allzu großen Klassen] gar nicht das ihnen jeweils angemessene Niveau erkannt wird.)

  1. Nun wird die Klasse zweigeteilt:

(wozu natürlich ein Aufgaben"pool" vorhanden sein muss; empfehlenswert ist da durchaus das Schulbuch - samt Lösungsband;
und die SchülerInnen hinten werden gebeten, keine Folgeaufgabe zu rechnen, wenn sie nicht die vorherige Aufgabe richtig lösen konnten);

... und in der Tat, die SchülerInnen ordnen sich andauernd neu ein und wandern - was auch zur Folge hat, dass von hinten kommende SchülerInnen andauernd neue, komplexere Frage ins Unterrichtsgespräch vorne einbringen.

Ein Nebeneffekt besteht auch darin, dass hinten sitzende SchülerInnen doch ab und zu mal ins Unterrichtsgespräch vorne reinhören - und dann lieber doch noch mal dorthin wechseln.

Ein besonderes Erfolgserlebnis liegt darin, wenn irgendwann alle SchülerInnen hinten sitzen: "Wir (!) haben es mit vereinten Kräften alle geschafft!"

Der Vorteil dieses Verfahrens liegt auch darin, dass die Lehrkraft auch in übergroßen Klassen jederzeit weiß, wie die EinzelschülerInnen stehen (unter o.g. Voraussetzung, dass sie sich durchaus realistisch einschätzen).

Und die "Bewertung" erfolgt hier nicht durch die Lehrkraft (und auch nicht durch MitschülerInnen), sondern

  1. aus der Sache,

  2. durch die SchülerInnen selbst.


Inzwischen frage ich mich vermehrt, ob man - jenseits der Mathematik - Klassen öfters auch in anderem Sinne zerlegen sollte.

Es gibt Klassen, in denen es "modern" wird, gegen alles zu sein und nichts zu tun - und den Ton geben dann meist einige wenige an.

Das Ende vom Lied ist dann manchmal, dass eine gesamte, gar nicht dumme Klasse "den Bach runtergeht" - bzw. nach der 10. Klasse die Hälfte sitzen bleibt.

Wäre es da - als andere Form der "Binnendifferenzierung" - nicht mal sinnvoll, gewisse den falschen Ton angebende SchülerInnen zeitweise aus einer Klasse entfernen zu können,

Man müsste (auch schulrechtlich) die Chance haben, mal auszuprobieren, ob sich damit die Gruppendynamik einer Klasse bessert.