die Angst des Lehrers vorm Abitur

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Vorweg die neue Angst vor dem Zentralabitur:

Keiner redet drüber, aber jeder hat sie.

Insbesondere nach den höchst fraglichen zentral gestellten Probeklausuren haben sowohl SchülerInnen als auch LehrerInnen eine Heidenangst vor dem ersten Zentralabitur in NRW im Jahre 2007.

Die LehrerInnen (ich auch!), weil sie verzweifelt (!) hoffen, ihre (!) SchülerInnen angemessen auf die (nach den Probeklausuren) Unwägbarkeiten des Zentralabiturs vorzubereiten.

Und dahinter verbirgt sich natürlich eine doppelte Angst:

  1. vor den Reaktionen der SchülerInnen, wenn ihr Abitur nicht so ausfällt, wie erhofft,

  2. vor einem Einlauf "von oben".

Diese Angst zeigt sich beispielsweise darin, dass inzwischen nicht mal zugunsten einer erstklassigen Fortbildung eine einzige Sekunde Oberstufenunterricht ausfallen darf: alle starren auf das Zentralabitur

(und sonstige Zentralprüfungen und "Lernstandserhebungen")

wie das Kaninchen auf die Schlange, die Schulen liegen ansonsten in völliger Agonie danieder.


Damit hier keine Missverständnisse aufkommen:

  1. ist mir wahrhaft nicht nach Selbstmitleid oder Weinerlichkeit zumute
    (vgl. Bild  ).

  2. sind sowieso fast all meine Texte (also auch dieser) eher für LehrerInnen als für SchülerInnen geschrieben,

  3. kann eine SchülerIn

    sich wohl kaum vorstellen, dass auch LehrerInnen Angst haben
    (überhaupt menschlicher Regungen fähig sind),

  4. wäre das auch ein bisschen arg viel erwartet:

  1. sind SchülerInnen sozusagen qua Amt sowieso keine Freunde, darf man also auch nicht auf ihre Anerkennung angewiesen sein

(und dennoch: wer wäre - auch und gerade wegen der fachlichen Ansprüche - nicht gerne bei SchülerInnen beliebt - oder zumindest doch bei der intelligenteren Hälfte?!).


Mir persönlich wird das Abitur sowieso zu hoch gehängt (vgl. Bild ):


Auf die Gefahr hin, exhibitionistisch zu erscheinen, rede ich hier (vermutlich als Einziger im Internet) Tacheles, also

Indianer weinen nicht, und als "guteR" LehrerIn hat "man" ja keine Angst :-), sondern höchstens

das sind sozusagen die Barrikadensterne der Maloche: man hat bewiesen, dass man feste geschuftet hat - und jetzt das verdammte Recht erworben, kürzer zu treten.


Selbstverständlich haben LehrerInnen auch (berufliche) Ängste, z.B.

Und einer meiner ehemaligen Lehrer meinte mal, er habe fast mehr Angst in mündlichen Abiturprüfungen gehabt als die Prüflinge

(womit er ja vielleicht doch die Ängste der SchülerInnen unterschätzt hat):

  1. , weil diese mündlichen Prüfungen unter den Augen all der kritischen und ja fachlich ach so versierten KollegInneN stattfänden,

(womit dann endlich offenbar würde, was für einen vor allem fachlich drittklassigen Unterricht man immer abgehalten hat),

  1.  wegen der enormen Verantwortung für eine gerechte Behandlung der Prüflinge.


Nun sprechen LehrerInnen ja normalerweise nicht über solche Ängste - und einige leugnen sie: sie ziehen "ihren Stiefel" durch - und die SchülerInnen werden später
(im harten Kampf ums überleben) noch merken, wie sinnvoll das war.

Ich bin da unsicher:



(, 26.6.09)

SELBSTVERSTäNDLICH habe auch ich eine große Angst, und zwar, in den üblichen Abi-Zeitungen völlig zerrissen zu werden.

(Und mir scheint, ich bin da nicht der einzige:

[und Angst hat man auch davor, auf der Abifeier in Grund und Boden entwürdigt zu werden;
wohlgemerkt: vielleicht ist das ja sogar das Recht der SchülerInnen bei LehrerInneN, die jahrelang ihrerseits nach Strich und Faden SchülerInnen blamiert haben]

Schlimmer als die völlig unsachlichen Verrisse durch Einzelgänger und Stänkerer

(und einige vergreifen sich schlichtweg im Ton: wie oft habe ich inzwischen die Sätze gehört: "so war das aber doch gar nicht gemeint"; deshalb ja mein Tipp an jeden Abiturjahrgang:

[denn ich verlange ja keine braven, sondern bewusste Abizeitungen]

sind vielleicht sogar noch diejenigen Verrisse, in denen man sich (zumindest auf den ersten Blick) wiedererkennt: da wird dann in wenigen Zeilen


Aber NATÜRLICH habe ich bei jedem Abitur Angst, dass die Besprechung von 1991 (lang, lang ist es her!), nämlich

"Sein Unterricht war alles andere als trockene Theorie,
er steckte uns an mit seiner Euphorie.

Zum Grübeln hat er uns gebracht
über Dinge, über die wir niemals nachgedacht.

Wir hoffen, daß Du Deine Art und Deinen Idealismus nie verlierst
und nicht zu einem langweiligen Pauker und Spießer wirst."

("Sag' mir, wo die Blumen sind,
 wo sind sie geblie-hie-ben?")

mit jedem Jahr mehr in ihr Gegenteil umkippt.

Jadoch, ich habe Angst davor,

(durch Gewöhnung ungeduldiger und unaufmerksamer),

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vorher
(1991)

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nachher
(2003)

Das Problem im Leben ist immer der richtige Zeitpunkt - bzw. dass man vieles zu spät oder als letzter (aufgrund einer Abi-Zeitung) bemerkt.


LehrerInnen sind gegen üble Verrisse in Abiturzeitungen völlig hilflos:

Ein Lehrer kann SchülerInnen sicherlich (vor allem langfristig) sehr verwunden

(und deshalb müssen SchülerInnen auch - wohl erst nach dem Abitur, was natürlich immer auch ein bisschen feige ist - zurückschlagen dürfen; und doch schiebt der eine oder andere wohl allzu leicht die Schuld auf LehrerInnen; vgl. Bild).

Aber ein Lehrer kann nie in solcher Öffentlichkeit verwunden, wie SchülerInnen es umgekehrt in einer Abiturzeitung können.

Dabei sollte einem ja "die" Öffentlichkeit (wildfremde Menschen in Timbuktu) herzhaft egal sein - nicht aber jene, mit denen man weiter arbeiten muss.

 

Aber vielleicht sind Abizeitungen ja doch gar nicht so "nachhaltig", wie hier bislang immer unterstellt wurde: die längst entschwundenen Abiturienten haben zwar kurzfristig mal ihr Mütchen gekühlt, aber zwei Wochen später
ist alles wieder vergessen.

PS:
  1. Wie schon gesagt: diese Seite richtet sich nicht an SchülerInnen und ist deshalb auch keine Drohung an ihre Adresse.
 
  1. Wo ich schon beim Abitur bin:
  • Die SchülerInnen feiern mir allzu früh, nämlich schon vor dem Abitur

(was immerhin verständlich ist: nachher sehen sich die allermeisten ja nie wieder, der Kick und Hype ist nach wenigen Tagen vorbei);

und was ist mit jenen, die dann durchs Abitur durchfallen?

  • Deshalb meine dringende Bitte an jeden Abiturjahrgang: Kümmert euch um jene, die durchfallen, bildet ein Komitee, das bei ihnen ist (sogar dann, wenn sie unbeliebt sind)!
 
  1. Die meisten "Abiturumzüge" sind (zumindest aus Lehrersicht) einfach nur schreiend langweilig: jedes Jahr dasselbe. Aber SchülerInnen feiern ja nicht für ihre LehrerInnen.
 
  1. Nicht alle LehrerInnen sind Schweine, und deshalb könnte doch mal Brauch werden, was meine Abiturientia damals gemacht hat: einen Ehrenabiturienten zu ernennen (bei uns damals allerdings der Hausmeister).

Und es müsste ja nicht jedes Jahr die- bzw. derselbe sein.