oder
"Kommt das in der [Klassen-]Arbeit dran?"

Vorbemerkungen
Hauptteil

Vorbemerkungen

Vgl. auch .

Zudem zielt das Buch als Krimi auf die vermutlich größte Käufergruppe, nämlich die Krimileser, ab.

(Ich verstehe nicht den derzeitigen Krimi-Hype: warum tun sich die Leser andauernd teils brutalste Gewalt an? Haben sie keine Phantasie, um sich allein das "kleine" und "große" Grauen vorzustellen, und brauchen sie deshalb immer starken [immer stärkeren] Tobak?

Das Buch gibt da eine Antwort:

"»[...] Warum glauben Sie denn, gehören Kriminalromane seit dem neunzehnten Jahrhundert zu den beliebtesten Literaturgenres? Tendenz weiter steigend?« Die Schüler spekulierten, weil die Menschen Spannung wollten, weil man sich wünschte, dass das Gute gewinne, und so weiter. Tarik meldete sich. »Weil es immer eine Lösung gibt.«"

Der Krimi ist also eine andere Form des Märchens, das nach einer Krise auch immer gut ausgeht. 

Was aber ist eigentlich los mit den Flaggschiffen der einzig seriösen, nämlich öffentlich-rechtlichen Sender, also ARD und ZDF und der frühere so abgehobene Sender], die zur Primetime 20.15 h fast nur noch

[und nach Absprache abwechselnd?]

deutsche [und deshalb fast durchgehend grottenschlechte] Krimis und Wohlfühlfilme senden?: resignieren sie davor, dass die jungen Leute nur noch "non-linear" streamen - und der letzte macht das Licht [ARD, ZDF und 3Sat] aus?)

Man merkt dem Roman an, dass er von einem Lehrer geschrieben wurde, denn die Hauptfigur kennt bestens die vielen kleinen Eigenarten von Schulen und Lehrern. Nur einige wenige Beispiele:

(Ich kenne eine Schule, in der Lehrer und Schüler sich [erfolgreich!] größte Mühe gegeben hatten, die Schule [auch Flure] einladend, als Lebensraum und gemütlich zu gestalten. Eines Tages sind aber in der Schule wegen Brandschutz alle Wohn-Elemente wegtransportiert worden, und übrig geblieben ist nur noch das nackte Skelett.)

(Und dann gibt es noch Martin, den Bruder des Erzählers, der mir in einer Hinsicht sehr ähnelt:

"Martin war immer schon ein Musikfanatiker gewesen. Er konnte richtig aggressiv werden, wenn im Radio ein falsches Lied lief und er nicht umschalten konnte. Er hatte sogar mal einen Ferienjob in einer Fabrik gekündigt, weil in seiner Abteilung immer Radio lief und er nichts dagegen tun konnte. »Weißt du, was der vor Kurzem getan hat?«, fragte Anna. »Ich kann es mir denken.« »Das kannst du nicht, das schießt den Vogel ab. Wir stehen in der Küche, und der verbietet mir den Mund, weil im Radio ein Lied von Prince läuft.« Martin warf die Hände in die Luft. »Der inoffizielle King of Pop singt, und die Frau quasselt dazwischen, das gibt es doch nicht.«)


Hauptteil

Vor allem interessieren mich hier aber die beiden folgenden Zitate, weil da

(auch weil es zwei Mal sehr ähnlich in dem Krimi auftaucht)

etwas als fast schon allgemeingültig erscheint, was ich bisher nur für meine ganz subjektive Erfahrung gehalten hatte:

An dieser Stelle wird noch keine Reaktion des Lehrers geschildert.

Ich habe ganz ähnliche Situationen mit schöner Regelmäßigkeit erlebt: immer, wenn ich (teilweise mit enormem materiellen und Zeitaufwand) mal vom Schulbuch abwich und anschaulicheren und interessanteren Unterricht machen wollte, kam verlässlich dieses "ob das [...] auswendig gelernt werden müsse und in der nächsten Arbeit drankäme." Bei mir hat das immer sofort zu einer Mischung aus Resignation und Wut geführt, und zwar erstmal einer (natürlich nicht laut geäußerten) Wut auf diejenigen Schülerinnen, die sowas fragten.

(Ich weiß, dass es heute in Zeiten von "wokeness" und "political correctness" nicht opportun ist zu sagen, dass die Fragenden immer Schülerinnen waren

[vgl. ],

allerdings nicht [wie im gleich folgenden zweiten Zitat] die stillen, sondern die [auch mündlich] bienenfleißigen, die mit eben diesem Fleiß meistens ein "gut", aber niemals ein "sehr gut" erreichten - und manchmal sogar bei einem "befriedigend +" in Tränen ausbrachen. Schülerinnen, denen anzumerken war, unter welch enormem inneren Druck sie standen.

Eigentlich ist es müßig zu erwähnen, dass es natürlich auch wirklich intelligente Schülerinnen gab - die niemals solche Fragen stellten.)

Meine zweite innere Reaktion

(manchmal erst später im Lehrerzimmer)

war aber: "Mache nicht die Schüler verantwortlich, sondern das Schul»system« [also auch mich selbst?], das systematisch solche Kleingeister erzeugt." 

Diesmal wird auch sofort die Reaktion des Lehrers geschildert:

"Ich sackte innerlich ein wenig in mich zusammen." 

(Und nach dem Zusammensacken hebt der Lehrer zu einem bemerkenswerten kleinen Grundlagenvortrag an:

  »Mein Unterricht«, begann ich, »zielt nicht nur auf die Vorbereitung Ihres Abiturs ab. Auch. Aber nicht nur. Mir geht es um viel mehr. Ich bin nicht Lehrer geworden, um Sie auf eine Prüfung vorzubereiten. Das könnte auch ein Roboter.« »Um was geht es denn dann?«, fragte ein Schüler. »Mir geht es darum«, fuhr ich fort, froh um das Stichwort, »Sie mit Werkzeugen auszustatten, die Welt zu lesen. Sodass Sie in der Lage sind, aufgrund von simulierten Problemstellungen später neue Herausforderungen bewältigen zu können. Die Welt ist ein Rätsel, das von Ihnen gelöst werden will. Diese Problemlösung beginnt in der nächsten Klausur, geht dann weiter im Abitur und hört danach niemals auf. Ich wiederhole, es hört nie auf! [...]«" [... was für viele Schüler wie eine Drohung klingen mag.])